AUSGANGSLAGE UND HERAUSFORDERUNGEN
Schlüsselsektoren der äthiopischen Wirtschaft digitalisieren
Mit ca. 126 Millionen Einwohnern ist Äthiopien das zweitbevölkerungsreichste Land Afrikas und verfügt somit über einen bedeutenden Binnenmarkt. Ein Kernziel der äthiopischen Regierung ist die strukturelle Transformation von einer landwirtschaftlich geprägten zu einer industriellen Wirtschaft. Sie hat in Infrastruktur für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie in die Entwicklung von Humankapital und elektronischen Anwendungen investiert. Nach Angaben der Afrikanischen Entwicklungsbank lag der Beitrag des IKT-Sektors zum BIP im Jahr 2021 bei 4 Prozent, Tendenz steigend. Dies hat die Diversifizierung der äthiopischen Wirtschaft befördert und ist eine weitere Devisenquelle. Darüber hinaus hat das Land mit dem Start der 4G-Dienste von Ethio Telecom in größeren Städten und dem laufenden Ausbau der 5G-Technologie seine Konnektivität erhöht.
Zudem
enthält seine Strategie „Digital Ethiopia 2025“ einen
umfassenden Plan, Schlüsselsektoren der Wirtschaft einschließlich
Landwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungen zu
digitalisieren. Damit soll eine wissensbasierte Wirtschaft geschaffen
werden, die in der Lage ist, die Bedürfnisse ihrer wachsenden
Bevölkerung nachhaltig zu befriedigen. Äthiopien hatte im
Januar 2023 ca. 20,86 Millionen Internetnutzer*innen; das
sind 16,7 % der Bevölkerung. Durch die Strategie „Digital
Ethiopia 2025“ wird der Zugang zu Technologie und Innovationen wie
künstlicher Intelligenz, Blockchain und dem Internet der Dinge
verbessert, die lokale Industrie ausgebaut und die Bereitstellung
schneller digitaler Dienste in Städten wie auf dem Land ermöglicht.

PROJEKTANSATZ UND PROJEKTZIELE
Aufbau von Kapazitäten für KMU im Bereich E-Commerce und Onlinedienste
Aufbauend
auf diesen Entwicklungen unterstützt Invest for Jobs kleine und
mittlere Unternehmen (KMU) im schnell wachsenden Sektor für
E-Commerce und Onlinedienste in Äthiopien. Das Projekt stärkt die
Leistungsfähigkeit von KMU, indem es ihre Dienstleistungen,
Produkte, internen Prozesse und Strukturen sowie ihr Marketing
verbessert und ihnen hilft, auf lokalen und internationalen Märkten
neue Kunden zu gewinnen. Die aktuell geförderten KMU bieten digitale
Dienste in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Logistik und
Job-Matching sowie Liefer- und Transportleistungen und andere an
lokale und internationale Kunden gerichtete innovative Modelle an.
Das
Projekt umfasst Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau wie Markt- und
Produktentwicklung, Führungskräftecoaching, Vermittlung von
Qualifikationen in der IT-Entwicklung, Entwicklung von Inhalten,
Grafikgestaltung, Preiskalkulation und Finanzierung sowie Matchmaking
für Betriebsmittel- und Investitionskapital. KMU können an
Fortbildungen zur Erweiterung ihrer Digitalkompetenzen und
Fähigkeiten in der digitalen Vermarktung, im E-Commerce, in der
Datenanalyse, Cybersicherheit und Software- bzw. App-Entwicklung
teilnehmen. Ergänzt werden diese durch Mentoring- und
Coachingprogramme, in denen digitale Unternehmen ihre Erfahrungen mit
KMU teilen. Neben der Kompetenzentwicklung erhalten KMU praxisnahe
Unterstützung bei der Umsetzung digitaler Lösungen, die dabei
helfen, ihren digitalen Reifegrad zu beurteilen, geeignete
Technologien zu identifizieren und umfassende digitale
Transformationsstrategien zu entwickeln. Die Bereitstellung direkter
Unterstützung bei der Einführung von E-Commerce-Plattformen,
Enterprise-Resource-Planning-Systemen und cloudbasierten
Produktivitätswerkzeugen ermöglicht es KMU darüber hinaus, das
Potenzial digitaler Technologien vollständig zu realisieren.
In
Spezialtrainings wird vermittelt, wie sich Entwicklungen wie die
wachsende Bedeutung von Web3-Technologien nutzen lassen, zum Beispiel
durch die Fokussierung auf Blockchain-basierte Plattformen oder
dezentralisierte Finanzanwendungen. Solche Anwendungen
ermöglichen es KMU beispielsweise, effizienter an Kredite,
Versicherungsleistungen und andere Finanzdienstleistungen zu
gelangen, ohne sich auf klassische Vermittler verlassen zu müssen.
Darüber hinaus kann die Transparenz und Rückverfolgbarkeit von
Blockchain-basierten Systemen den KMU helfen, Vertrauen aufzubauen
und die Herkunft ihrer Produkte zu verifizieren, seien es
landwirtschaftliche Produkte, Industrieprodukte, handwerkliche
Produkte oder elektronische Komponenten, was im Zusammenhang neuer
Bestimmungen zu Wertschöpfungsketten für den Export zunehmend
relevant wird.
Um die Präsenz an internationalen Märkten zu erhöhen und speziell dem dramatischen Fachkräftemangel in Deutschland zu begegnen, unterstützt das Projekt auch IKT-KMU in Äthiopien, indem es ihnen hilft, mit Firmen im Technologiebereich in Deutschland Kontakte zu knüpfen, die Geschäftsprozesse auslagern möchten, und deutschen Unternehmen das Potenzial und die Fähigkeiten äthiopischer IKT-KMU vorstellt. Ausgewählte äthiopische IKT-KMU werden die Möglichkeit haben, an mindestens zwei Branchenveranstaltungen des IKT-Sektors in Deutschland und/oder anderswo in Europa teilzunehmen.
STATUS UND AUSBLICK
Onboarding der ersten digitalen KMU
Seit
August 2023 hat das Projekt bereits 11 KMU aufgenommen, die
eine Palette innovativer digitaler Dienste anbieten.
Ein
Beispiel ist die Plattform TaskMoby von der Firma Eziti Information
Systems, die äthiopische Nutzer und Nutzerinnen mit Handwerker und Handwerkerinnen in den Bereichen Sanitär, Elektro und Reinigung verbindet. Die Plattform hilft bei der Suche nach zuverlässigen Dienstleistern und Dienstleisterinnen und bietet den Handwerkern und Handwerkerinnen die Möglichkeit, Aufträge zu bekommen. Mehr als
3.800 Dienstleister und Dienstleisterinnen haben durch die Plattform über
10.000 Aufträge ausgeführt und dadurch menschenwürdige
Einkommen erzielt sowie für junge Menschen und Frauen Arbeitsplätze
geschaffen. Aktuell erhält dieses Unternehmen fachliche
Unterstützung bei der Vertriebsberatung, wodurch seine
Organisationsstruktur verbessert wird, die Methoden zur
Identifizierung qualifizierter Nachwuchskräfte verfeinert und die
Voraussetzungen für die erfolgreiche Interaktion mit Kunden
sichergestellt werden.
Ein
weiteres Beispiel ist Gotech, ein Technologiedienstleister, der
zurzeit ein neues Produkt namens Falcon, einen kostengünstigen und
schnellen Lieferdienst, entwickelt. Im Rahmen des Projekts erhält
Gotech einen Zuschuss, um Ausrüstungs- und technische Engpässe zu
überwinden, was voraussichtlich mehr als 25 gute Arbeitsplätze
schaffen wird.
Insgesamt hat die SME Support Facility, das übergreifende Projekt, in dessen Rahmen diese Unterstützung für KMU im IKT-Sektor bereitgestellt wird, seit 2020 erfolgreich 11.877 gute Arbeitsplätze in Wachstumssektoren wie digitaler Wirtschaft, Textilien, Leder, Gesundheit und Kaffee geschaffen. Durch die Unterstützung von KMU im digitalen Raum fördert das Projekt die wirtschaftliche Diversifizierung und Wettbewerbsfähigkeit und schafft dabei nachhaltige Beschäftigungschancen für die wachsende Bevölkerung Äthiopiens.
Dieses Projekt wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH sowie der sequa gGmbH im Rahmen der Sonderinitiative „Gute Beschäftigung für sozial gerechten Wandel“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umgesetzt.