In Äthiopien hat weniger als die Hälfte der Frauen und Mädchen Zugang zu adäquaten und bezahlbaren Menstruationsprodukten. Damit können sie Alltag und gegebenenfalls Arbeit nicht wie gewohnt bestreiten – einer der Gründe, aus denen Frauen in dem ostafrikanischen Land viel häufiger von Armut betroffen sind als Männer. Auch grundlegendes Wissen über Menstruation bleibt vielen Frauen verwehrt, vor allem im ländlichen Raum. Das liegt auch an existierenden Tabus.
Hier setzt die Arbeit von Wube Tadesse Lalebo an. Wube lebt in der Region um Yirgalem, rund 260 Kilometer von der Hauptstadt Addis Abbeba entfernt. Als Freiberuflerin geht sie dort von Haus zu Haus und verkauft Waren des alltäglichen Lebens. Seit einigen Monaten sind auch die Menstruationsprodukte von Mela for Her Teil ihres Sortiments. Mela for Her stellt in Addis Abeba wiederverwendbare Menstruationsbinden her, die zwei bis vier Jahre lang halten. Damit sind sie nicht nur umweltfreundlicher, sondern langfristig auch günstiger als Wegwerfprodukte.
„Die Schulung hat uns Frauen gestärkt und uns gezeigt, dass wir Teil des Veränderungsprozesses sein können.“
Wube Tadesse Lalebo
Wube Tadesse Lalebo: Eine Stimme für Veränderung
Wube verkauft nicht nur die Produkte, sondern klärt auch auf: Über die korrekte Anwendung von Menstruationsprodukten, über selbstbestimmtes Leben von Frauen und die Selbstverständlichkeit der Menstruation. Fragen rund um den weiblichen Zyklus offen anzusprechen und darüber aufzuklären, lernte sie zusammen mit vielen weiteren Verkäuferinnen in Schulungen, die durch Invest for Jobs gefördert werden.
„Ich habe auch zuvor Produkte aus dem Hygienebereich vertrieben“, sagt Wube. „Dadurch war mir bekannt, dass viele Frauen wenig oder nichts über nachhaltige Menstruationsprodukte wissen. Als ich davon hörte, dass wir die Mela for Her-Produkte selbst verkaufen können, wusste ich, dass wir damit einen positiven Einfluss auf unsere Gemeinschaft haben können.“ Die Produkte seien sicher und machten die Nutzerinnen selbstständiger und unabhängiger, sagt Wube.
Im Rahmen der Schulungen erlernte Wube auch wichtige Fähigkeiten, um ihre Einnahmen und Ausgaben effizient zu managen. „Das Training hat uns Frauen gestärkt und uns gezeigt, dass wir Teil des Prozesses der Veränderung sein können.“ Von den Trainings und dem damit verbundenen Verkauf der Produkte profitieren nicht nur die Kundinnen von Mela for Her: Das Unternehmen schafft auch nachhaltige Arbeitsplätze in der Produktion und sichert den Frauen, die dort arbeiten, sowie den freiberuflichen Verkäuferinnen, ein zusätzliches Einkommen – eine Win-Win-Win-Situation.
Das Tabu brechen
Die Scham überwinden – das erfordert Mut. Die ersten Tage des einwöchigen Trainings waren für Wube ungewohnt und herausfordernd. Vor und mit rund 20 anderen Frauen so offen über das Thema Menstruation zu sprechen, kostete sie viel Überwindung. Am Ende aber fühlte sie sich befreit und bestärkt, erinnert sie sich: „Am Anfang haben viele sensibel reagiert, denn traditionell reden wir über das Thema nicht. Aber das änderte sich im Laufe des Trainings.“ Menstruation sei aber kein Thema für Frauen allein: „Auch Männer sollten in diesen Normalisierungsprozess einbezogen werden.“